Die Raummiete kurzfristig gekündigt

[Weinheimer Nachrichten vom 28. April 2014]

Kommunalwahl: Die Weinheimer Linke steht heute am Rolf-Engelbrecht-Haus mit einem prominenten Gast vor verschlossener Tür / Stadt verweist auf Neutralitätsgebot.

Weinheim. Carsten Labudda hat sich in den vergangenen Tagen die Finger wund gewählt. Der Grund: Das Amt für Immobilienwirtschaft hat ihm das bereits am 13. März gemietete Rolf-Engelbrecht-Haus vergangenen Mittwoch telefonisch gekündigt. Die Stadt dürfe aus Neutralitätsgründen ab sechs Wochen vor der Wahl keine öffentlichen Gebäude mehr für Parteiveranstaltungen zur Verfügung stellen, hieß es aus dem Rathaus.

Der Spitzenkandidat und amtierende Stadtrat der Weinheimer Linken versuchte fieberhaft in der Umgebung des Engelbrecht-Hauses kurzfristig ein Ausweichlokal zu finden. Doch weder “La Ola”, Jugendherberge oder “Seppels Herberge” waren noch frei. Beim TC 02 Weinheim hatte er zunächst eine Zusage vom Vereinswirt, aber der hatte sich nicht mit dem Vorstand abgestimmt. Inzwischen hat der Verein die Veranstaltung in seinen Räumen wieder abgesagt.

Keine sachliche Grundlage

Carsten Labudda forschte nach, auf welche Verordnung sich das Neutralitätsgebot der Stadt Weinheim und die Sperre öffentlicher Veranstaltungsorte sechs Wochen vor einer Wahl bezieht. Er fand nichts. In einer Landesdrucksache vom 20. Februar schreibt das Innenministerium des Landes: “Einen allgemein vorgeschriebenen Zeitpunkt vor einer Wahl, ab dem zur Vermeidung einer Wahlbeeinflussung die strenge Neutralitätspflicht zu beachten ist, gibt es nicht.” Die Festlegung derartiger Fristen ist Sache der Kommunen. Weder in der Hauptsatzung noch in den Benutzungsordnungen der städtischen Gebäude fand Labudda einen Hinweis. “Die Kündigung fünf Tage vor der Veranstaltung entbehrt einer sachlichen Grundlage”, schrieb Labudda am Wochenende in einer E-Mail an das zuständige Amt der Stadtverwaltung.

Und Labudda belegt seine Skepsis mit Fakten. Die letzte Bundestagswahl fand am 22. September statt. Am 10., 15. und 17. September gab es Wahlkampf-Veranstaltungen von SPD, CDU und Grünen mit Frank-Walter Steinmeier, Günther Oettinger und Winfried Hermann im Rolf-Engelbrecht-Haus und im Alten Rathaus.

Eine schriftlich festgelegte Verordnung gibt es auch nicht, sagte gestern auf Anfrage der städtische Pressesprecher Roland Kern. Die Verwaltung richte sich nach Empfehlungen der Verwaltungsgerichte, um das Neutralitätsgebot der Kommune einzuhalten. “Im Falle der Linken müssen wir eingestehen, dass die Sache nicht optimal gelaufen ist”, räumte Kern ein. Bei der frühen Buchung des Engelbrecht-Hauses habe das Amt dies wohl nicht im Blick gehabt.

Das aber ist nicht die einzige Panne. Wenn die Neutralitätspflicht für alle gelten soll, hätte auch die öffentliche Kandidatenvorstellung der SPD Rippenweier am vergangenen Freitag nicht in der Keltensteinhalle stattfinden dürfen und eine Kommunalwahlveranstaltung der CDU Rippenweier am kommenden Sonntag, 4. Mai, wäre ebenfalls in der Keltensteinhalle unzulässig.

“Das müssen wir klären”, sagte Kern gestern und verwies darauf, dass die Vermietung in Rippenweier nicht über das Amt für Immobilienwirtschaft gelaufen sei.

Carsten Labudda ist noch wegen einer weiteren Tatsache sauer: Das Informationsschreiben der Stadt an die Parteien und Wählervereinigungen vom 8. April erhielt Informationen über Informationsstände, Plakatwerbung, Lautsprecherdurchsagen und Autokorsos, aber keinen Hinweis auf eine Sechs-Wochen-Sperrfrist vor Wahlen für Parteiveranstaltungen in öffentlichen Gebäuden.

Die Weinheimer Linke steht heute Abend mit ihrem prominenten Gast, dem Stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Dr. Dietmar Bartsch, vor verschlossener Tür. Treffen will man sich dennoch um 19 Uhr vorm Rolf-Engelbrecht-Haus und sehen, was passiert.

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