Rede zur Haushaltslage des Rhein-Neckar-Kreises

[Rede von Kreisrat Carsten Labudda, DIE LINKE, bei der Kreistagssitzung am 20. Oktober 2009 in Schwetzingen]

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

Beginnen möchte ich zunächst mit einer Anfrage. Der Rechnungsprüfungsbericht des Eigenbetriebes „Bau und Vermögen“ weist auf Seite Drei darauf hin, dass zwischen den Unterlagen des Eigenbetriebes und der Vermögensrechnung des Kreises eine Differenz von gut 50.000 Euro nicht geklärt ist. Wurde diese Differenz inzwischen geklärt?

[Landrat Dr. Jürgen Schütz: Nein.]

Die Antwort hat Bedeutung für unser Abstimmungsverhalten.

Beim Jahresabschlussbericht 2008 haben wir weiterhin feststellen können, dass im Bereich der Sozialleistungen zwei Millionen Euro mehr Ausgaben als geplant erzielt wurden, denen vier Millionen Euro Minderausgaben entgegen stehen. Wir von der LINKEN sehen dies als Beleg für unsere Kritik, dass mit den betroffenen Hilfebedürftigen im Rhein-Neckar-Kreis sehr restriktiv umgegangen wird. Das haben wir auch 2008 ganz unmittelbar zu spüren bekommen bei unserer Hilfe für Erwerbslose. So begleiten wir die Betroffenen bei ihren Ämtergängen, damit ein Zeuge anwesend ist, und selbst in unserem Beisein wurden Zustände offenbar, die alles andere als vorbildlich sind.

Daher haben wir seitens der LINKEN schon vor drei Monaten gefordert, dass die Ausgaben für Sozialhilfeleistungen um mindestens 10 Millionen Euro angehoben werden sollen. Im aktuellen Entwurf ist die Verwaltung uns immerhin um fast 50 Prozent entgegen gekommen von 5,4 auf 7,5 Millionen Euro zusätzlicher Ausgaben in dem Bereich. Wir gehen allerdings davon aus, dass das garantiert nicht reicht und hier eine weitere Anhebung notwendig sein wird.

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

Im zweiten Budgetbericht finden sie auf Seite Neun das Unterbudget „Aussiedler- und Asylbewerberunterbringung“. Dort entwickelte sich die Einnahmeseite erfreulich, denn es gab eine Erhöhung der Pauschalleistungen des Lands um 200.000 Euro auf Grund einer Überprüfung auf Auskömmlichkeit. Das bedeutet aber auch, dass zuvor, also auch in 2008, die Auskömmlichkeit der Leistungen ganz offensichtlich nicht gegeben war.

Nun bekommt, so steht es auf derselben Seite, der Kreis deutlich mehr Flüchtlinge als prognostiziert zugeteilt – die Ausgaben aber bleiben unverändert. Das legt die Vermutung nahe, dass die Auskömmlichkeit für die armen Menschen, die zu uns geflohen sind, auch weiterhin nicht gegeben ist. Von daher würden mich genauere Angaben der Verwaltung interessieren, damit diese dem Eindruck entgegen wirken kann, es werde bei uns im Kreis auf Kosten der Flüchtlinge gespart.

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

Im nächsten Jahr haben wir das Jahr, nach dem die größte Sozialreform der letzten Jahrzehnte benannt ist, die Agenda 2010, die in Bundestag und Bundesrat von SPD, Grünen, CDU und FDP gemeinsam beschlossen wurde. Diese Reform sollte die Erwerbslosigkeit halbieren. Sie alle wissen, dass das nicht der Fall ist.

Sie alle wissen, dass es in Krisenzeiten noch schlimmer kommen wird. Bei uns im Kreis sehen wir das z.B. bei Heideldruck, die in der Region um die 1000 Arbeitsplätze abbaut. Wir sehen das auch bei Freudenberg Anlagen- und Werkzeugtechnik in Laudenbach, wo 210 Kolleginnen und Kollegen um ihre Jobs bangen.

[Zuruf aus der CDU: Das ist doch geklärt!]

Warten sie es nur ab, da kommt noch was.

[Zuruf Christa Oligmacher, FWV: Das wurde doch am Freitag entschieden!]

Die Unternehmensleitung hat sich für die Zerlegung der FAW entschieden. Der Betriebsrat ist unzufrieden. Und die Kollegen bangen alle, wer nun gehen soll und wer nicht.

Dazu kommt das Auslaufen der Kurzarbeiterregelung und auch die von Schwarz-Gelb vorgesehene Erweiterung der Hinzuverdienstmöglichkeiten, die einen weiteren Abbau Existenz sichernder Arbeit zugunsten von Mini-Jobs befürchten lässt – nicht nur bei der Waffenkontrolle – und die Betroffenen in den Hilfesystemen belässt.

Nun wollen SPD und FDP bereits jetzt eine Senkung der Kreisumlage festschreiben, wo noch nicht einmal die Steuerschätzung vorliegt. Das hat aus Sicht der LINKEN einen faden Beigeschmack.

Herr Oberbürgermeister Pöltl hat in seiner Begrüßung darauf verwiesen: Die Rücklagen der Kommunen sind am Ende. Nicht nur in Schwetzingen. Da sind Begehrlichkeiten vorprogrammiert. Hier sitzen ja viele Bürgermeister im Saal – wie sieht es denn in ihren Haushalten aus? Ich nehme an, überwiegend schlecht, so wie auch bei uns in Weinheim. Und überwiegend sind sie an einer Senkung der Kreisumlage interessiert, um ihren Gemeindehaushalt zu entlasten.

Was mich wundert, ist, dass mit Ausnahme der Schriesheimer Zweitwohnsitzsteuer überall nur von Sparen, Kürzen und Schulden machen geredet wird. Warum reden die Kommunen nicht mal von der Einnahmeseite?

Die Arbeitnehmer haben bereits große Opfer zur Bewältigung der Krise gemacht. So verzichten z.B. die Kolleginnen und Kollegen beim Freudenberg-Konzern auf bis zu zwölf Prozent ihres Lohnes. Zwölf Prozent, das ist kein Pappenstiel!

Wo aber, und das fragen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Recht, bleibt der Beitrag der Unternehmer? Diese werden geschont und verhätschelt, wo immer es geht.

Liebe Bürgermeister, trauen sie sich doch einmal, an eine vorübergehende Erhöhung der Gewerbesteuer zu denken.

[Zurufe aus der CDU: Das tun wir! Das tun wir!]

Gerade vom regional sehr verbundenen Mittelstand erwarte ich Verständnis, dass so ein Notopfer gebraucht wird, zumal es noch weit hinter den Opfern der Beschäftigten zurück bleibt.

Was sie aber wollen, liebe SPD, liebe FDP, ist eine Senkung der Kreisumlage – die im Zweifel immer zu Lasten der Erwerbslosen, der Armen, der Flüchtlinge und der Kranken bei uns im Kreis gehen wird. Wenn sie also weiterhin die Unternehmer schonen und die Armen belasten wollen, dann ist das ihre politische Entscheidung. Wir von der LINKEN gehen einen solchen Weg nicht mit.

Vielen Dank.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN.]

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