Der Bürgerentscheid kommt – nur später

[Rhein-Neckar-Zeitung vom 22. März 2012]

Der Gemeinderat sprach sich gestern für das Modell der Wuppertaler Beteiligung mit dem Ziel eines Bürgerentscheids aus.

Weinheim. (nam) Die Pattsituation im Gemeinderat gestern Abend lösten gleich zu Beginn zwei gleichlautende Anträge von SPD und CDU: Die Entscheidung, ob das Bürgerbegehren der BI „Schützt die Weinheimer Breitwiesen“ zulässig ist, wurde vertagt. „Egal, ob wir das Begehren ablehnen oder dem zustimmen und der OB sein Veto einlegt: Am Ende steht immer der juristische Weg, der eine politische Lösung unmöglich macht,“ hatte SPD-Stadtrat Wolfgang Metzeltin den Antrag begründet. Bei einer Ablehnung des Bürgerbegehrens durch Gemeinderat oder OB Heiner Bernhard hatte die BI mit einer Klage gedroht.

„Wir haben mindestens drei Gutachten und vier Meinungen. Sollen wir als Nichtjuristen entscheiden, welcher Jurist Recht hat?“ fragte etwa Gerhard Mackert (Freie Wähler) und stimmte mit der Mehrheit der Vertagung zu. Bernhard wertete sie dann auch als eine ausgestreckte Hand in Richtung Bürgerinitiative. Vor allem Elisabeth Kramer (GAL) und Carsten Labudda (die Linke) sahen das kritischer: Kramer wies darauf hin, dass die BI laut Gemeindeordnung ein Recht auf eine Entscheidung habe; Labudda witterte eine Verzögerungstaktik und sah den einfachsten Weg darin, den gewünschten Bürgerentscheid zuzulassen. Dieser soll auch kommen, allerdings wird ihm eine „qualifizierte Bürgerbeteiligung“ nach dem Modell der Universität Wuppertal mit 30 ausgelosten Bürgerräten und einem sogenannten Forumsdialog vorgeschaltet.

Diskutiert wurden an diesem Abend einige Optionen. Die FDP zum Beispiel hatte mit viel Zustimmung aus den Reihen der anderen Fraktionen angeregt, den Gemeinderatsbeschluss vom 19. Oktober vergangenen Jahres zurückzunehmen, mit dem die Änderung des Flächennutzungsplans und damit der Tausch der für ein Gewerbegebiet vorgesehenen Gebiete Hammelsbrunnen und Breitwiesen eingeleitet wurde. Dieser Tausch sollte die Fragestellung für den Bürgerentscheid werden, forderte die FDP, was auch die Freien Wähler befürworteten. Labudda wollte den Gemeinderatsbeschluss ebenfalls zurückzunehmen, um wieder ergebnisoffen diskutieren zu können. „Lassen Sie uns den Reset Button drücken und noch mal an den Anfang gehen“, appellierte auch Susanne Tröscher (CDU). Erster Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner nahm diesem Argument dann den Wind aus den Segeln: Macht der Gemeinderat seinen Beschluss rückgängig, bringt er nicht nur mit einer gewissen Wankelmütigkeit das Planverfahren durcheinander. Zudem müsse er auch jenen Bürgern gerechtwerden, die für ein Gewerbegebiet in den Breitwiesen sind, und deren Meinung eben nicht von der BI abgebildet wird. Fetzner war es dann auch, der anregte, das von der Verwaltung favorisierte Wuppertaler Modell mit einem Bürgerentscheid enden zu lassen – was der Gemeinderat bei 14 Gegenstimmen beschloss.

Kritik an dieser sogenannten „qualifizierten Bürgerbeteiligung“ wurde dennoch laut. Uli Sckerl (GAL) ärgerte sich über die Terminologie, die impliziere,dass in den Augen der Verwaltung die bisherige Beteiligung der Weinheimer „unqualifiziert“ sei – ein Vorwurf, den der OB als „skandalös“ empfand. Sckerl wie Metzeltin kam diese Form der Bürgerbeteiligung auch zu spät: Bürgerräte seien geeignet, um Konflikte aufzuspüren, die sich am Horizont abzeichnen, weniger für eine zugespitzte Situation wie in Weinheim, so Sckerl. „Das kommt daher wie die alte Fastnacht“, fand Dr. Michael Lehner (Weinheim Plus). „Gut gemeint, aber ein Parallelverfahren“, so Ingrid Hagenbruch, die Sprecherin der BI, die in der Sitzung zu Wort kam. Denn rund 5000 Weinheimer haben mit ihren Unterschriften bereits abgestimmt. Unterm Strich bleibt beides: eine Bürgerbeteiligung nach Wuppertaler Model und ein Bürgerentscheid.

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