Abstimmungskrimi um Kita-Trägerschaft
[Weinheimer Nachrichten vom 21. März 2014]
Gemeinderat: Kinderzentren Kunterbunt aus Nürnberg setzen sich gegen Arbeiterwohlfahrt Rhein-Neckar und gegen evangelische Kirchengemeinde Lützelsachsen durch.
Weinheim. Die Kindertagesstätte im Neubaugebiet Lützelsachsen-Ebene ist anscheinend immer für eine Überraschung gut. Erst waren es zu niedrig angesetzte Baukosten, die Schlagzeilen machten, als sie um mehr als 700 000 Euro nach oben korrigiert werden mussten. Jetzt sorgt die Vergabe der Trägerschaft an die Kinderzentren Kunterbunt aus Nürnberg für Aufsehen.
Die gemeinnützige GmbH, die bundesweit mehr als 50 Kinderbetreuungseinrichtungen betreibt, erhielt vom Gemeinderat in geheimer Abstimmung den Vorzug vor der Arbeiterwohlfahrt Rhein-Neckar und der evangelischen Kirchengemeinde Lützelsachsen.
Den Antrag auf geheime Abstimmung hatten die Freien Wähler gestellt, weil es eine „Gewissensentscheidung“ sei. Das sahen zwar nicht alle Stadträte so. Schließlich ging es darum, die Konzepte und Kostenkalkulationen der drei Bewerber zu vergleichen und auf Basis dieser Fakten eine Entscheidung zu treffen. Aber so mancher wollte es sich wohl mit nicht mit den ortsansässigen Bewerbern verscherzen.
Drei separate Abstimmungen
Kurzum: Eine große Mehrheit folgte dem Wunsch der Freien Wähler, was wiederum Oberbürgermeister Heiner Bernhard auf den Plan rief. Er wollte vermeiden, dass ein Betreiber nur mit relativer Mehrheit ausgewählt wird, und ließ deshalb über jeden Bewerber separat abstimmen. Das ermöglichte den Stadträten ein strategisches Wahlverhalten, weil sie sich nicht unbedingt nur für einen Bewerber entscheiden mussten. Wie die Auszählung ergab, nutzten immerhin fünf Stadträte diese Chance. Dieses Wahlverfahren hätte aber durchaus ins Auge gehen können, wenn keiner der Bewerber eine Mehrheit erhalten hätte – oder womöglich sogar mehr als einer. Doch die Rechnung von OB Bernhard ging auf. Auf Anhieb erhielten die Kinderzentren Kunterbunt 21 Ja-Stimmen (bei 18 Nein und einer Enthaltung) und damit die absolute Mehrheit der 40 stimmberechtigten Mitglieder des Gemeinderates. Die AWO erhielt 14 und die evangelische Kirchengemeine zehn Ja-Stimmen.
Vorstellung der drei Bewerber
Zu Beginn der Sitzung hatten die drei Bewerber ihre Konzepte noch einmal selbst vorgestellt. Die AWO warb damit, dass sie das mit Abstand günstigste Angebot abgegeben hatte. Außerdem verwies sie auf ihre große Erfahrung bei der Kinderbetreuung und ihr breites Spektrum an weiteren Angeboten in Weinheim. Die evangelische Kirchengemeinde Lützelsachsen erläuterte das enge Netzwerk in der Landeskirche und entwarf die Idee, die Kita auch für andere Vereine und Institutionen zu einem Treffpunkt im neuen Quartier zu entwickeln.
Die Kinderzentren Kunterbunt konnten auf zahlreiche Auszeichnungen verweisen und legten einen Schwerpunkt auf die Einbindung der Eltern. Mit ausschlaggebend dürfte aber gewesen sein, dass das Fachamt der Stadt Weinheim die Nürnberger beim direkten Vergleich der inhaltlichen Auswahlkriterien klar vorn gesehen hatte.
Dennoch wollte die CDU mehrheitlich für die evangelische Kirchengemeinde stimmen, erklärte Susanne Tröscher. Durch die angestrebte Zusammenarbeit mit dem Pilgerhaus entstünden Synergien. Außerdem könne die Kirchengemeinde gewachsene Strukturen im Ort anbieten und auf diese Weise verhindern, dass Lützelsachsen-Ebene zu einem „Trabanten“ werde.
Dr. Günter Bäro (Freie Wähler) hielt sich mit einer Bewertung zurück. Allerdings konstatierte er den Nürnbergern ein modernes Betriebskonzept, das die Wahlmöglichkeiten für Eltern in Weinheim erweitern würde.
Die SPD gab erwartungsgemäß der Arbeiterwohlfahrt den Vorzug. Stella Kirgiane-Efremidis verwies darauf, dass die AWO seit vielen Jahren ein verlässlicher Partner in Weinheim sei und viel Erfahrung bei der Kinderbetreuung einbringen könne. Für die Grünen/Alternative Liste (GAL) und für die FDP wog allerdings die Bewertung des Fachamtes schwerer: „Fast überall haben die Kinderzentren Kunterbunt die beste Bewertung“, stellte Cornelia Münch-Schröder (GAL) fest. Susanne Krüger (FDP) überzeugte vor allem das pädagogische Konzept der Nürnberger, das die Kita-Landschaft in Weinheim bereichern könnte. Dr. Michael Lehner (Weinheim Plus) schloss sich dieser Auffassung an. Allerdings bat er die Verwaltung darum, in den Verträgen bei den Zuschüssen eine „Kostenbremse“ einzubauen.
Carsten Labudda (Linke) hätte es am besten gefallen, wenn die Stadt selbst als Betreiber aktiv geworden wäre. Doch dies hatte OB Bernhard schon zu Beginn ausgeschlossen. Das sogenannte Subsidiaritätsprinzip schreibe vor, dass sich die Stadt raushalten muss, wenn sich freie Träger melden. pro
Gemeinderat: Kinderzentren Kunterbunt aus Nürnberg setzen sich gegen Arbeiterwohlfahrt Rhein-Neckar und gegen evangelische Kirchengemeinde Lützelsachsen durch.
Weinheim. Die Kindertagesstätte im Neubaugebiet Lützelsachsen-Ebene ist anscheinend immer für eine Überraschung gut. Erst waren es zu niedrig angesetzte Baukosten, die Schlagzeilen machten, als sie um mehr als 700 000 Euro nach oben korrigiert werden mussten. Jetzt sorgt die Vergabe der Trägerschaft an die Kinderzentren Kunterbunt aus Nürnberg für Aufsehen.
Die gemeinnützige GmbH, die bundesweit mehr als 50 Kinderbetreuungseinrichtungen betreibt, erhielt vom Gemeinderat in geheimer Abstimmung den Vorzug vor der Arbeiterwohlfahrt Rhein-Neckar und der evangelischen Kirchengemeinde Lützelsachsen.
Den Antrag auf geheime Abstimmung hatten die Freien Wähler gestellt, weil es eine „Gewissensentscheidung“ sei. Das sahen zwar nicht alle Stadträte so. Schließlich ging es darum, die Konzepte und Kostenkalkulationen der drei Bewerber zu vergleichen und auf Basis dieser Fakten eine Entscheidung zu treffen. Aber so mancher wollte es sich wohl mit nicht mit den ortsansässigen Bewerbern verscherzen.
Drei separate Abstimmungen
Kurzum: Eine große Mehrheit folgte dem Wunsch der Freien Wähler, was wiederum Oberbürgermeister Heiner Bernhard auf den Plan rief. Er wollte vermeiden, dass ein Betreiber nur mit relativer Mehrheit ausgewählt wird, und ließ deshalb über jeden Bewerber separat abstimmen. Das ermöglichte den Stadträten ein strategisches Wahlverhalten, weil sie sich nicht unbedingt nur für einen Bewerber entscheiden mussten. Wie die Auszählung ergab, nutzten immerhin fünf Stadträte diese Chance. Dieses Wahlverfahren hätte aber durchaus ins Auge gehen können, wenn keiner der Bewerber eine Mehrheit erhalten hätte – oder womöglich sogar mehr als einer. Doch die Rechnung von OB Bernhard ging auf. Auf Anhieb erhielten die Kinderzentren Kunterbunt 21 Ja-Stimmen (bei 18 Nein und einer Enthaltung) und damit die absolute Mehrheit der 40 stimmberechtigten Mitglieder des Gemeinderates. Die AWO erhielt 14 und die evangelische Kirchengemeine zehn Ja-Stimmen.
Vorstellung der drei Bewerber
Zu Beginn der Sitzung hatten die drei Bewerber ihre Konzepte noch einmal selbst vorgestellt. Die AWO warb damit, dass sie das mit Abstand günstigste Angebot abgegeben hatte. Außerdem verwies sie auf ihre große Erfahrung bei der Kinderbetreuung und ihr breites Spektrum an weiteren Angeboten in Weinheim. Die evangelische Kirchengemeinde Lützelsachsen erläuterte das enge Netzwerk in der Landeskirche und entwarf die Idee, die Kita auch für andere Vereine und Institutionen zu einem Treffpunkt im neuen Quartier zu entwickeln.
Die Kinderzentren Kunterbunt konnten auf zahlreiche Auszeichnungen verweisen und legten einen Schwerpunkt auf die Einbindung der Eltern. Mit ausschlaggebend dürfte aber gewesen sein, dass das Fachamt der Stadt Weinheim die Nürnberger beim direkten Vergleich der inhaltlichen Auswahlkriterien klar vorn gesehen hatte.
Dennoch wollte die CDU mehrheitlich für die evangelische Kirchengemeinde stimmen, erklärte Susanne Tröscher. Durch die angestrebte Zusammenarbeit mit dem Pilgerhaus entstünden Synergien. Außerdem könne die Kirchengemeinde gewachsene Strukturen im Ort anbieten und auf diese Weise verhindern, dass Lützelsachsen-Ebene zu einem „Trabanten“ werde.
Dr. Günter Bäro (Freie Wähler) hielt sich mit einer Bewertung zurück. Allerdings konstatierte er den Nürnbergern ein modernes Betriebskonzept, das die Wahlmöglichkeiten für Eltern in Weinheim erweitern würde.
Die SPD gab erwartungsgemäß der Arbeiterwohlfahrt den Vorzug. Stella Kirgiane-Efremidis verwies darauf, dass die AWO seit vielen Jahren ein verlässlicher Partner in Weinheim sei und viel Erfahrung bei der Kinderbetreuung einbringen könne. Für die Grünen/Alternative Liste (GAL) und für die FDP wog allerdings die Bewertung des Fachamtes schwerer: „Fast überall haben die Kinderzentren Kunterbunt die beste Bewertung“, stellte Cornelia Münch-Schröder (GAL) fest. Susanne Krüger (FDP) überzeugte vor allem das pädagogische Konzept der Nürnberger, das die Kita-Landschaft in Weinheim bereichern könnte. Dr. Michael Lehner (Weinheim Plus) schloss sich dieser Auffassung an. Allerdings bat er die Verwaltung darum, in den Verträgen bei den Zuschüssen eine „Kostenbremse“ einzubauen.
Carsten Labudda (Linke) hätte es am besten gefallen, wenn die Stadt selbst als Betreiber aktiv geworden wäre. Doch dies hatte OB Bernhard schon zu Beginn ausgeschlossen. Das sogenannte Subsidiaritätsprinzip schreibe vor, dass sich die Stadt raushalten muss, wenn sich freie Träger melden. pro
labudda - 21. Mär, 12:53
Trackback URL:
https://linksparteiweinheim.twoday.net/stories/714912943/modTrackback