"Hartz IV ist Armut per Gesetz"
[Weinheimer Nachrichten vom 12. September 2009]
Linke: Vortrag von Bernd Knapp bei Wahlkampfveranstaltung von Wahlkreiskandidat Carsten Labudda in Weinheim.
Weinheim. "Hartz IV muss weg" lautet eine der Kernaussagen im Wahlprogramm der Linken. Auch Carsten Labudda, Kandidat der Linken im Wahlkreis Heidelberg/Weinheim setzt sich vehement dafür ein. Viele Betroffene müssten bei den Ämtern einen unwürdigen Kampf um das lebensnotwendige führen. Sozialberater Bernd Knapp vom DGB Hirschhorn, der am Donnerstagabend "Beim AleX" dazu mehr als zwei Stunden referierte, formulierte es noch drastischer: "Hartz IV ist Armut per Gesetz."
Ausgangspunkt seines Vortrags war die Agenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung und die Hartz-Kommission, deren Auftrag es ursprünglich war, die Bundesanstalt für Arbeit in einen "modernen Dienstleister am Arbeitsmarkt" zu verwandeln. Doch für dieses Vorhaben habe die damalige Bundesregierung eine Kommission eingesetzt, der kein einziger Vertreter von Arbeitslosenverbänden angehörte, in der dafür aber neun der 15 Vertreter aus den Reihen der Industrie und Privatwirtschaft kamen. Das sei ungefähr so, als würde man Füchse als Experten benennen, um neue Konzepte für die Arbeits- und Lebensbedingungen von Hühnern in Legebatterien zu entwickeln. Das Ergebnis: Mit den Schlagworten "Freiheit" und "Eigenverantwortung" sei ein Konzept herausgekommen, das in der Theorie zwar gut klinge. "Aber in der Praxis werden die Hühner von den Füchsen gefressen", meinte Knapp. An dem entscheidenden Gesetz hätten aber nicht nur SPD und Grüne mitgewirkt, sondern bei der Abstimmung im Bundestag hätten alle etablierten Parteien für das Gesetz gestimmt. Die Botschaft, die Knapp damit vermitteln wollte, war klar: Nur die Linke stehe auf der Seite der Arbeitslosen, deren Zahl doppelt so hoch sei, wie dies aus den seiner Meinung nach "gefälschten Statistiken" der Agentur für Arbeit hervorgehe.
Nach anfänglichen Protesten gegen die Hartz-Gesetze habe die Regierung damals dafür gesorgt, dass alle Leistungsempfänger unter den Generalverdacht gestellt worden seien, den Sozialstaat zu betrügen. Der DGB-Sozialberater sprach von einer "Hexenjagd", bei der Betroffene alles offenlegen müssten, zum Teil in entwürdigender Weise, aus Angst vor Sanktionen der Behörden. Hartz IV bestrafe mit Leistungskürzungen aber nicht zuletzt jene, die nichts dafür könnten: nämlich die Kinder der Leistungsbezieher. In seiner beruflichen Praxis erlebe er Fälle, bei denen Leistungen gekürzt wurden, weil Hartz-IV-Empfänger zum Beispiel eingeräumt hätten, gelegentlich bei sozialen Einrichtungen oder Freunden kostenlos eine Mahlzeit zu haben. Dies sei dann als geldwerter Vorteil gewertet und das Arbeitslosengeld II entsprechend gekürzt worden. Aber auch Geldgeschenke von Angehörigen würden angerechnet, wenn sie 50 Euro im Jahr übersteigen. Knapp forderte abschließend die Anhebung des Leistungsrahmens und die Abschaffung der Sanktionsmaßnahmen. Auf der Arbeitnehmerseite hielt der DGB-Sozialberater einen gesetzlichen Mindestlohn für unverzichtbar, um der Lohndumping-Spirale eine Untergrenze zu setzen. Auch die mit Hartz I entfesselte Leiharbeit müsse wieder begrenzt werden. Hierzu wäre eine gesetzliche Vorschrift, dass Leiharbeiter den Lohn der Stammbelegschaft plus einen "Flexibilitätsbonus" erhalten, ein hilfreiches Instrument. pro
Linke: Vortrag von Bernd Knapp bei Wahlkampfveranstaltung von Wahlkreiskandidat Carsten Labudda in Weinheim.
Weinheim. "Hartz IV muss weg" lautet eine der Kernaussagen im Wahlprogramm der Linken. Auch Carsten Labudda, Kandidat der Linken im Wahlkreis Heidelberg/Weinheim setzt sich vehement dafür ein. Viele Betroffene müssten bei den Ämtern einen unwürdigen Kampf um das lebensnotwendige führen. Sozialberater Bernd Knapp vom DGB Hirschhorn, der am Donnerstagabend "Beim AleX" dazu mehr als zwei Stunden referierte, formulierte es noch drastischer: "Hartz IV ist Armut per Gesetz."
Ausgangspunkt seines Vortrags war die Agenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung und die Hartz-Kommission, deren Auftrag es ursprünglich war, die Bundesanstalt für Arbeit in einen "modernen Dienstleister am Arbeitsmarkt" zu verwandeln. Doch für dieses Vorhaben habe die damalige Bundesregierung eine Kommission eingesetzt, der kein einziger Vertreter von Arbeitslosenverbänden angehörte, in der dafür aber neun der 15 Vertreter aus den Reihen der Industrie und Privatwirtschaft kamen. Das sei ungefähr so, als würde man Füchse als Experten benennen, um neue Konzepte für die Arbeits- und Lebensbedingungen von Hühnern in Legebatterien zu entwickeln. Das Ergebnis: Mit den Schlagworten "Freiheit" und "Eigenverantwortung" sei ein Konzept herausgekommen, das in der Theorie zwar gut klinge. "Aber in der Praxis werden die Hühner von den Füchsen gefressen", meinte Knapp. An dem entscheidenden Gesetz hätten aber nicht nur SPD und Grüne mitgewirkt, sondern bei der Abstimmung im Bundestag hätten alle etablierten Parteien für das Gesetz gestimmt. Die Botschaft, die Knapp damit vermitteln wollte, war klar: Nur die Linke stehe auf der Seite der Arbeitslosen, deren Zahl doppelt so hoch sei, wie dies aus den seiner Meinung nach "gefälschten Statistiken" der Agentur für Arbeit hervorgehe.
Nach anfänglichen Protesten gegen die Hartz-Gesetze habe die Regierung damals dafür gesorgt, dass alle Leistungsempfänger unter den Generalverdacht gestellt worden seien, den Sozialstaat zu betrügen. Der DGB-Sozialberater sprach von einer "Hexenjagd", bei der Betroffene alles offenlegen müssten, zum Teil in entwürdigender Weise, aus Angst vor Sanktionen der Behörden. Hartz IV bestrafe mit Leistungskürzungen aber nicht zuletzt jene, die nichts dafür könnten: nämlich die Kinder der Leistungsbezieher. In seiner beruflichen Praxis erlebe er Fälle, bei denen Leistungen gekürzt wurden, weil Hartz-IV-Empfänger zum Beispiel eingeräumt hätten, gelegentlich bei sozialen Einrichtungen oder Freunden kostenlos eine Mahlzeit zu haben. Dies sei dann als geldwerter Vorteil gewertet und das Arbeitslosengeld II entsprechend gekürzt worden. Aber auch Geldgeschenke von Angehörigen würden angerechnet, wenn sie 50 Euro im Jahr übersteigen. Knapp forderte abschließend die Anhebung des Leistungsrahmens und die Abschaffung der Sanktionsmaßnahmen. Auf der Arbeitnehmerseite hielt der DGB-Sozialberater einen gesetzlichen Mindestlohn für unverzichtbar, um der Lohndumping-Spirale eine Untergrenze zu setzen. Auch die mit Hartz I entfesselte Leiharbeit müsse wieder begrenzt werden. Hierzu wäre eine gesetzliche Vorschrift, dass Leiharbeiter den Lohn der Stammbelegschaft plus einen "Flexibilitätsbonus" erhalten, ein hilfreiches Instrument. pro
labudda - 12. Sep, 12:43
Trackback URL:
https://linksparteiweinheim.twoday.net/stories/5937621/modTrackback