Zeitkritik mal bissig und mal mit Humor

[Weinheimer Nachrichtern vom 09. April 2009]

Ladenburg. Einer der ersten richtig schönen Tage des Jahres geht zu Ende. Auch im Saal des Domhofs ist es warm dank der Sonneneinstrahlung und der etwa 100 Menschen, die sich hier drängen. Denn Peter Sodann, besser bekannt als "Tatort"-Kommissar Bruno Ehrlicher, ist angesagt. Dass der Kult-Darsteller am 23. Mai für die Linkspartei in die Wahl des Bundespräsidenten geht, macht den Termin auch politisch interessant. Sodann zieht das Jackett aus. "Ich weiß, das ist nicht sehr präsidial", stichelt er. Doch wenn er Bundespräsident wird, so verspricht er, dann werde er dies natürlich ändern. . .

Doch diese Krönung seines 72 Jahre währenden Lebens wird wohl ausbleiben. Eines Lebens in drei Systemen, aufgearbeitet in seinem neuen Buch mit dem Titel "Keine halben Sachen". "Drei Mal beschissen worden und trotzdem gelebt" findet er fast treffender, und es klingt Enttäuschung durch, dass nach NS-Diktatur und DDR auch die Bundesrepublik für ihn alles andere als ideal ist.

Dabei liegt es ihm, der als "Kulturschaffender" auch im SED-System oft angeeckt und sogar inhaftiert war, völlig fern, die DDR zu verklären. Vielmehr entlarvt er ihre ganze intellektuelle Ärmlichkeit. "Die Basis ist die Grundlage aller Fundamente" zitiert er einen Funktionärssatz: "Was damals für ein Schwachsinn geredet wurde!"

Seine Bilanz nach 20 Jahren Mauerfall? "Ich habe heute ein größeres Auto als davor", formuliert er bitter. "Aber wer liest heute noch ein Gedicht?", beklagt er den Vorrang des Geldes vor dem Geist und fragt: "Ist der Bürgermeister eigentlich heute hier?" Er ist es nicht. "Man sollte keinen Bürgermeister wählen, der bei wichtigen kulturellen Anlässen nicht dabei ist", rät er. Kein gutes Haar lässt er auch an Horst Köhler, den er zuweilen Heinz nennt: "Ich hatte einen Schwiegervater, den ich nicht leiden konnte, der hieß Heinz". Köhler, das sei "die Steigerung von Kohl", schimpft er und nennt als Beispiel dessen Ausspruch: "Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt." Wen Köhler denn damit meine: "Die Hartz IV-Empfänger etwa?"

Doch das Ernste, zuweilen Bittere, wird aufgelockert durch viel Humor, bei dem der Referent zu Hochform aufläuft. Kugeln muss sich das Publikum etwa, als er erzählt, wie er als Referent zu einem Vortrag über Blasenschwäche eingeladen wird.

"Er wäre ein Präsident für das ganze Volk", schließt für die Veranstalter Bernd Schuhmacher, Chef der Ladenburger Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie und überreicht ein beziehungsreiches Geschenk: den "Präsidentenwein" der Winzergenossenschaft Schriesheim. -tin

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