S21 und die direkte Demokratie
[Rhein-Neckar-Zeitung vom 30. September 2011]
Alexander Schlager von der Rosa-Luxemburg-Stiftung sprach bei den Linken.
Weinheim. (ze) Die Diskussionen um das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 (S21) haben dazu beigetragen, dass nach 58 Jahren die CDU nicht mehr in Baden-Württemberg den Ministerpräsidenten stellt, sondern nun eine grün-rote Koalition regiert. Was hat aber S21 in Bezug auf das Verhältnis zur Demokratie bewirkt? Dieser Frage ging dieser Tage Alexander Schlager, der Leiter des Stuttgarter Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung, in einem Vortrag auf Einladung der Linken im Alten Rathaus nach.
„Die Montagsdemos gegen Stuttgart 21 begannen vor knapp zwei Jahren und wurden keinesfalls von irgendwelchen Bündnissen geplant“, blickte Schlager auf die Anfänge der Demonstrationszüge in der Landeshauptstadt zurück. Gerade einmal vier Leute hatten sich zur ersten Montagsdemonstration im Dezember 2009 verabredet. Schnell stieg jedoch die Zahl der Protestler an und im Frühjahr 2010 waren es bereits bis zu 1500 Personen, die regelmäßig auf die Straße zogen. Und es wurden noch mehr. „Jetzt nimmt die Zahl der Demonstranten wieder ab, ist aber trotzdem noch erstaunlich hoch“, berichtete Schlager. Warum ist der Protest gegen S21 aber so heftig? Dazu hatte im Oktober 2010 das Wissenschaftszentrum Berlin eine Umfrage unter den Demonstrierenden gemacht. Dabei stellte sich heraus, dass für die Befragten Demokratiedefizite bei der Planung des Projekts und im Umgang mit den Projektkritikern zu den häufigsten Gründen gehörten, um gegen S21 zu demonstrieren.
Abstimmung mit Defiziten
In der Folge der Protestekames zu den von Heiner Geißler moderierten Schlichtungsgesprächen. Im November dieses Jahres wird eine Volksabstimmung in Baden-Württemberg zu S21 stattfinden. Elemente der direkten Demokratie, die durchaus unterstützenswürdig seien, befand Schlager. Doch bereits die Schlichtung sei kein faires Verfahren gewesen, da die eine Seite über mehr Erfahrung und Fachleute verfügte als die andere. Auch bei der Volksabstimmung sah Schlager Defizite. So sei das erforderliche Quorum nicht zu akzeptieren, da es ungerecht sei. Außerdem sollten nur Bürger aus dem Großraum Stuttgart über das Projekt S21 abstimmen, da die Bürger aus den anderen Landesteilen nur indirekt davon betroffen seien. Trotzdem müsse man an der Abstimmung über S21 teilnehmen, um schließlich zu sehen, wie die Bevölkerung im Großraum Stuttgart abgestimmt hat, um daraus abzuleiten, ob der Protest weiter gewollt sei.
Um zukünftig faire Verfahren der Bürgerbeteiligung zu haben, seien bestimmte Voraussetzungen zu schaffen. Dazu zählte Schlager etwa, dass beide Seiten die gleichen finanziellen Ressourcen hätten, einen gleichberechtigten Zugang zu den Medien, und dass die Beteiligungsverfahren bereits zu Beginn des politischen Prozesses einsetzten. Darüber hinaus sollten zivilgesellschaftliche Gruppen ein Initiativrecht bekommen, bei dem sie beispielsweise für Mindestlöhne eintreten.
Schlager betonte jedoch genauso, dass nicht zu jedem Thema Volksentscheide stattfinden könnten.
Alexander Schlager von der Rosa-Luxemburg-Stiftung sprach bei den Linken.
Weinheim. (ze) Die Diskussionen um das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 (S21) haben dazu beigetragen, dass nach 58 Jahren die CDU nicht mehr in Baden-Württemberg den Ministerpräsidenten stellt, sondern nun eine grün-rote Koalition regiert. Was hat aber S21 in Bezug auf das Verhältnis zur Demokratie bewirkt? Dieser Frage ging dieser Tage Alexander Schlager, der Leiter des Stuttgarter Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung, in einem Vortrag auf Einladung der Linken im Alten Rathaus nach.
„Die Montagsdemos gegen Stuttgart 21 begannen vor knapp zwei Jahren und wurden keinesfalls von irgendwelchen Bündnissen geplant“, blickte Schlager auf die Anfänge der Demonstrationszüge in der Landeshauptstadt zurück. Gerade einmal vier Leute hatten sich zur ersten Montagsdemonstration im Dezember 2009 verabredet. Schnell stieg jedoch die Zahl der Protestler an und im Frühjahr 2010 waren es bereits bis zu 1500 Personen, die regelmäßig auf die Straße zogen. Und es wurden noch mehr. „Jetzt nimmt die Zahl der Demonstranten wieder ab, ist aber trotzdem noch erstaunlich hoch“, berichtete Schlager. Warum ist der Protest gegen S21 aber so heftig? Dazu hatte im Oktober 2010 das Wissenschaftszentrum Berlin eine Umfrage unter den Demonstrierenden gemacht. Dabei stellte sich heraus, dass für die Befragten Demokratiedefizite bei der Planung des Projekts und im Umgang mit den Projektkritikern zu den häufigsten Gründen gehörten, um gegen S21 zu demonstrieren.
Abstimmung mit Defiziten
In der Folge der Protestekames zu den von Heiner Geißler moderierten Schlichtungsgesprächen. Im November dieses Jahres wird eine Volksabstimmung in Baden-Württemberg zu S21 stattfinden. Elemente der direkten Demokratie, die durchaus unterstützenswürdig seien, befand Schlager. Doch bereits die Schlichtung sei kein faires Verfahren gewesen, da die eine Seite über mehr Erfahrung und Fachleute verfügte als die andere. Auch bei der Volksabstimmung sah Schlager Defizite. So sei das erforderliche Quorum nicht zu akzeptieren, da es ungerecht sei. Außerdem sollten nur Bürger aus dem Großraum Stuttgart über das Projekt S21 abstimmen, da die Bürger aus den anderen Landesteilen nur indirekt davon betroffen seien. Trotzdem müsse man an der Abstimmung über S21 teilnehmen, um schließlich zu sehen, wie die Bevölkerung im Großraum Stuttgart abgestimmt hat, um daraus abzuleiten, ob der Protest weiter gewollt sei.
Um zukünftig faire Verfahren der Bürgerbeteiligung zu haben, seien bestimmte Voraussetzungen zu schaffen. Dazu zählte Schlager etwa, dass beide Seiten die gleichen finanziellen Ressourcen hätten, einen gleichberechtigten Zugang zu den Medien, und dass die Beteiligungsverfahren bereits zu Beginn des politischen Prozesses einsetzten. Darüber hinaus sollten zivilgesellschaftliche Gruppen ein Initiativrecht bekommen, bei dem sie beispielsweise für Mindestlöhne eintreten.
Schlager betonte jedoch genauso, dass nicht zu jedem Thema Volksentscheide stattfinden könnten.
labudda - 30. Sep, 17:01
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