Unmut bahnte sich Weg in den Gemeinderat
Stadträte kritisierten Kostensteigerung für den S-Bahn-Ausbau des Hauptbahnhofs und segneten sie dennoch ab.
[Rhein-Neckar-Zeitung vom 22. Juli 2011]
Weinheim. (keke) "Erpressung" und "Ahnungslosigkeit", "Schlamperei", "Unprofessionalität" und "Miserable Planung": Den Verantwortlichen der Deutschen Bahn dürften am Mittwochabend die Ohren wie kurz vor einem Tinnitus-Anfall geklingelt haben. Zu massiv waren die Anschuldigungen und Vorwürfe, die aus den Reihen des Gemeinderates in punkto Kostenexplosion bei der geplanten Ertüchtigung des Hauptbahnhofs zur S-Bahn-Haltestation zu hören waren.
Auf bis zu 1,24 Millionen Euro – ein Zehntel der Gesamtkosten – beläuft sich nach derzeitiger Schätzung der städtische Anteil zum barrierefreien Um- und Ausbau. Rund 503.000 Euro mehr als bisher veranschlagt. In einer ersten und einer anschließend erweiterten Vorstudie war noch von 412.500, beziehungsweise 737.000 Euro die Rede gewesen. Gegen die Stimmen von Weinheim Plus, der Linken und drei "Empörern" aus den Reihen der CDU sowie sechs Enthaltungen wurde die zusätzliche halbe Million schließlich bewilligt.
Dass es für ein zustimmendes Votum keine Alternative gebe, hatte zuvor Oberbürgermeister Heiner Bernhard unmissverständlich deutlich gemacht: "Wenn die verlangte Kostenträgererklärung von uns nicht abgegeben wird, fährt die S-Bahn auf dieser Strecke überhaupt nicht oder durch Weinheim durch". Selbst altgediente Kommunalpolitiker müssten lange nachdenken, um ein Bauprojekt zu finden, bei dem eine Diskrepanz zwischen Kostenschätzung und überarbeiteter Vorplanung von mehr als 100 Prozent besteht, war nicht nur Holger Haring (CDU) angesichts der Kostendiskrepanz "fassungslos": "Dabei hat das Projekt noch nicht einmal begonnen". Dennoch signalisierte Haring die mehrheitliche Zustimmung seiner Fraktion. "Wir müssen unserer Empörung Haltung verleihen, die Reißleine können wir immer noch ziehen": Die Situation sei mit Stuttgart 21 vergleichbar, redeten Peter Lautenschläger und Dr. Michael Lehner (Weinheim Plus) Klartext. Angesichts der Faktenlage seien Mut und Courage zu einem klaren Nein gefordert.
Die Bahn werde sich hüten, an einer Großen Kreisstadt wie Weinheim vorbeizufahren, freute sich Carsten Labudda (Die Linke) andernfalls schon jetzt auf entsprechende "deutschlandweite Schlagzeilen". Das Ganze sei "Masche und Methode" und ein von der DB angewandtes "regelmäßiges Verfahren". Erst lege man günstige Planungen vor und dann werde den Kommunen die Pistole auf die Brust gesetzt. Er pfeife auf derartige Schlagzeilen, machte Bernhard deutlich: "Ich will, dass die S-Bahn kommt!"
"Sind wir dann die Bösen, wenn an der ganzen Bergstraße keine S-Bahn fährt?", wollte Dr. Elke König (CDU) wissen. Und angesichts der Tatsache, dass "in den nächsten zehn Jahren gegenüber dem jetzigen Zustand sowieso keine neue Taktung erfolgt und kein einziger Zug mehr fährt", die Bürger fragen, ob sie die S-Bahn überhaupt wollten. Wenn die Stadt für knapp 1,3 Millionen Euro den Ausbau und eine barrierefreie Erschließung von vier Bahnsteigen erhalte, sei es das wert, hatte zuvor Gerhard Mackert für die Freien Wähler zugestimmt. "Alles andere wäre grob fahrlässig".
Den der Literatur entliehenen Begriff des "unerhörten Ereignisses" bemühte Wolfgang Metzeltin (SPD). Sprach von "Dreistigkeit" und "Frechheit" der DB, mochte sich aber dem Ja seiner Fraktion nicht verschließen. "Wir können hier nicht den großen Larry mit Wirtschaftsförderung machen und dann keine S-Bahn haben": Keinen anderen Ausweg als den "dicken Brocken zu schlucken" sahen gleichfalls Dr. Alexander Boguslawski von der GAL ("Eine S-Bahn ohne Weinheim wäre absurd") und Dr. Wolfgang Wetzel ("Wichtige Investition für Weinheims Zukunft") für die FDP.
[Rhein-Neckar-Zeitung vom 22. Juli 2011]
Weinheim. (keke) "Erpressung" und "Ahnungslosigkeit", "Schlamperei", "Unprofessionalität" und "Miserable Planung": Den Verantwortlichen der Deutschen Bahn dürften am Mittwochabend die Ohren wie kurz vor einem Tinnitus-Anfall geklingelt haben. Zu massiv waren die Anschuldigungen und Vorwürfe, die aus den Reihen des Gemeinderates in punkto Kostenexplosion bei der geplanten Ertüchtigung des Hauptbahnhofs zur S-Bahn-Haltestation zu hören waren.
Auf bis zu 1,24 Millionen Euro – ein Zehntel der Gesamtkosten – beläuft sich nach derzeitiger Schätzung der städtische Anteil zum barrierefreien Um- und Ausbau. Rund 503.000 Euro mehr als bisher veranschlagt. In einer ersten und einer anschließend erweiterten Vorstudie war noch von 412.500, beziehungsweise 737.000 Euro die Rede gewesen. Gegen die Stimmen von Weinheim Plus, der Linken und drei "Empörern" aus den Reihen der CDU sowie sechs Enthaltungen wurde die zusätzliche halbe Million schließlich bewilligt.
Dass es für ein zustimmendes Votum keine Alternative gebe, hatte zuvor Oberbürgermeister Heiner Bernhard unmissverständlich deutlich gemacht: "Wenn die verlangte Kostenträgererklärung von uns nicht abgegeben wird, fährt die S-Bahn auf dieser Strecke überhaupt nicht oder durch Weinheim durch". Selbst altgediente Kommunalpolitiker müssten lange nachdenken, um ein Bauprojekt zu finden, bei dem eine Diskrepanz zwischen Kostenschätzung und überarbeiteter Vorplanung von mehr als 100 Prozent besteht, war nicht nur Holger Haring (CDU) angesichts der Kostendiskrepanz "fassungslos": "Dabei hat das Projekt noch nicht einmal begonnen". Dennoch signalisierte Haring die mehrheitliche Zustimmung seiner Fraktion. "Wir müssen unserer Empörung Haltung verleihen, die Reißleine können wir immer noch ziehen": Die Situation sei mit Stuttgart 21 vergleichbar, redeten Peter Lautenschläger und Dr. Michael Lehner (Weinheim Plus) Klartext. Angesichts der Faktenlage seien Mut und Courage zu einem klaren Nein gefordert.
Die Bahn werde sich hüten, an einer Großen Kreisstadt wie Weinheim vorbeizufahren, freute sich Carsten Labudda (Die Linke) andernfalls schon jetzt auf entsprechende "deutschlandweite Schlagzeilen". Das Ganze sei "Masche und Methode" und ein von der DB angewandtes "regelmäßiges Verfahren". Erst lege man günstige Planungen vor und dann werde den Kommunen die Pistole auf die Brust gesetzt. Er pfeife auf derartige Schlagzeilen, machte Bernhard deutlich: "Ich will, dass die S-Bahn kommt!"
"Sind wir dann die Bösen, wenn an der ganzen Bergstraße keine S-Bahn fährt?", wollte Dr. Elke König (CDU) wissen. Und angesichts der Tatsache, dass "in den nächsten zehn Jahren gegenüber dem jetzigen Zustand sowieso keine neue Taktung erfolgt und kein einziger Zug mehr fährt", die Bürger fragen, ob sie die S-Bahn überhaupt wollten. Wenn die Stadt für knapp 1,3 Millionen Euro den Ausbau und eine barrierefreie Erschließung von vier Bahnsteigen erhalte, sei es das wert, hatte zuvor Gerhard Mackert für die Freien Wähler zugestimmt. "Alles andere wäre grob fahrlässig".
Den der Literatur entliehenen Begriff des "unerhörten Ereignisses" bemühte Wolfgang Metzeltin (SPD). Sprach von "Dreistigkeit" und "Frechheit" der DB, mochte sich aber dem Ja seiner Fraktion nicht verschließen. "Wir können hier nicht den großen Larry mit Wirtschaftsförderung machen und dann keine S-Bahn haben": Keinen anderen Ausweg als den "dicken Brocken zu schlucken" sahen gleichfalls Dr. Alexander Boguslawski von der GAL ("Eine S-Bahn ohne Weinheim wäre absurd") und Dr. Wolfgang Wetzel ("Wichtige Investition für Weinheims Zukunft") für die FDP.
labudda - 22. Jul, 16:19
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