Linke setzen auf Protestwahl gegen Berlin

[Stuttgarter Zeitung vom 23. Januar 2006]

WASG hofft auf Einzug in den Landtag - Gegen höhere Mehrwertsteuer und Privatisierung

STUTTGART. Die linke "Wahlalternative" setzt im Landtagswahlkampf auf Proteststimmen gegen die geplante Mehrwertsteuererhöhung und den Trend zur Privatisierung. Sie rechnet sich Chancen aus, die Fünfprozenthürde zu überwinden.

Von Andreas Müller

Beim Landesparteitag der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) in Stuttgart zeigten sich Spitzenfunktionäre zuversichtlich, am 26. März den Einzug in den Landtag zu schaffen. "Eine Analyse schätzt unser Potenzial auf fünf bis sieben Prozent ein", sagte der Landessprecher Bernd Riexinger. Bei der Bundestagswahl im vorigen Herbst hatten die Linken in Baden-Württemberg 3,6 Prozent der Stimmen geholt.

"Wir sind zunächst mal die Außenseiter", sagte der frühere SPD- Landeschef Ulrich Maurer, heute parlamentarischer Fraktionsgeschäftsführer der Linkspartei im Bundestag. Es gebe aber "durchaus eine Chance", in den Landtag zu kommen; die Wahrscheinlichkeit dafür bezifferte er auf 30 Prozent. "Wir sind da, und sie kriegen uns nicht mehr weg", sagte Maurer. Die WASG tritt in allen siebzig Wahlkreisen mit eigenen Bewerbern an. Einen Spitzenkandidaten gibt es jedoch nicht.

Der Fraktionschef der Linkspartei, Oskar Lafontaine, rief die baden- württembergischen Wähler zu einer Protestwahl gegen die Politik der Bundesregierung auf. In einer bejubelten Rede sagte er, der "Neoliberalismus" von CDU und SPD drücke die Schwachen in der Gesellschaft an die Wand.

Am 26. März solle die große Koalition in Berlin insbesondere eine "Quittung" für die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer bekommen; diese soll 2007 um drei Prozentpunkte steigen. Damit setzt die WASG auf das gleiche Thema wie die FDP: Die Liberalen hatten bei ihrem Dreikönigstreffen ebenfalls zu einer Protestwahl gegen die höhere Mehrwertsteuer aufgerufen. Beide Parteien verweisen auf die Ankündigungen von SPD und CDU, die Mehrwertsteuer gar nicht oder höchstens um zwei Punkte zu erhöhen. Wer Wahlversprechen derart breche, der dürfe "in Baden-Württemberg nicht auch noch dafür belohnt werden", sagte Riexinger.

Im Wahlkampf will die WASG außerdem gegen die anhaltende Privatisierung öffentlicher Unternehmen und Dienstleistungen protestieren. Es sei "eine Form der Enteignung", wenn von den Schulen bis zur Wasserversorgung "alles verkauft" werde, kritisierte Maurer. Später werde es dann "von amerikanischen Heuschrecken zurückvermietet". Die Bürger zahlten bei der Privatisierung die Zeche, sagte er im Blick auf die stark gestiegenen Energiepreise. Private seien "weder billiger noch besser", ergänzte Riexinger. Daher wolle die WASG auch bereits vollzogene Privatisierungen rückgängig machen. Nach Ansicht von Lafontaine wird auch "die Demokratie ausgehöhlt", wenn der Staat immer mehr Aufgaben der Daseinsvorsorge aus der Hand gibt. Die Gemeinden hätten bald nichts mehr zu sagen, die Stadträte könnten "nur noch Daumen lutschen".

Auch auf anderen Gebieten plädiert die WASG für mehr statt weniger Staat. Regeln seien notwendig, um die Schwachen zu schützen, sagte Maurer. "Wir sind eine Regulierungspartei", fügte er hinzu. Im Programm für die Landtagswahl plädiert die Partei für eine Umverteilung von oben nach unten: Reiche müssten belastet, Arme entlastet werden. Dann sei auch genug Geld da.

Rückendeckung bekommt die WASG im Wahlkampf von der Linkspartei/PDS. Ihr Landessprecher Bernhard Strasdeit rief die Mitglieder auf, die Wahlalternative "aktiv zu unterstützen". Sie sollten Vorbehalte hintanstellen und "kleinliche Auseinandersetzungen" vermeiden. Nach der Wahl brauche man dann eine "saubere Debatte" über die auch im Südwesten geplante Vereinigung beider Parteien, sagte Strasdeit.

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