Bürgerentscheid wird immer wahrscheinlicher

[Rhein-Neckar-Zeitung vom 23. Juli 2012]

Kurzgutachten zum Thema Breitwiesen: Bürgerräte kommen zu keiner eindeutigen Empfehlung – Dritte Option: „weder – noch“.

Weinheim. (keke) Der von der Bürgerinitiave „Schützt die Breitwiesen“ seit Monaten geforderte und von rund 5000 Unterschriften unterstützte Bürgerentscheid wird immer wahrscheinlicher. Den stellte auch Oberbürgermeister Heiner Bernhard am Ende einer fünfstündigen Diskussion mit Bürgerräten, interessierten Bürgern und der „Forschungsstelle Bürgerbeteiligung“ der Uni Wuppertal in Aussicht, nachdem auch die 37 „per Zufallsprinzip“ ermittelten Bürgerräte in ihrem Gutachten zu einem differenzierten Ergebnis, aber zu keiner eindeutigen Empfehlung gelangten.

„Wir repräsentieren die gespaltene Meinung, die auch innerhalb der Weinheimer Bürgerschaft herrscht“, räumte Bürgerrätin Susanne Stolzenburg in ihrem Fazit ein, ein Meinungsbild ohne eindeutige Präferenz abgegeben zu haben. Zweieinhalb Tage hatten Mitte Juni die in zwei Gruppen tagenden Bürgerräte in Dialogforen und Anhörungs- und Beratungsrunden beim Für- und Wider eines Gewerbegebietes in den Bereichen Hammelsbrunnen oder Breitwiesen nach einem Konsens gesucht.

„Wir waren nicht aufgefordert, eine Entscheidung Pro oder Contra zu treffen, sondern ein Gutachten zu erstellen und Infomaterial für eine anschließend von anderen zu treffende Entscheidung zu liefern“, machten einzelne Bürgerräte deutlich, sie wollten mit dem Gutachten lediglich aufzeigen, „wie wichtig uns unsere Argumente waren“. Wenn eines der Gebiete künftig gewerblich genützt würde, sollte das andere auf jeden Fall zum Naherholungsgebiet aufgewertet werden, um den entstandenen Verlust aufzuwiegen, lautete eines der von allen mitgetragenen Ergebnisse.

Während sich Bürgerrat I mehrheitlich für den Erhalt der Breitwiesen als landwirtschaftlich genutzte Fläche stark macht und den bisher schon als Gewerbegebiet ausgewiesenen Hammelsbrunnen als Gewerbefläche mit lockerer Bebauung („Campusstruktur“) favorisiert, plädiert Bürgerrat II in seiner Mehrheit für eine Gewerbeansiedlung in den Breitwiesen. Wie Bürgerrat I stellt allerdings auch Bürgerrat II die Berücksichtigung ökologischer Aspekte in den Vordergrundund fordert einen „sorgsamen Umgang mit der Vergabe von Gewerbeflächen“. Lokale Dienstleister, mittelständische Betriebe und Start-Up-Unternehmen seien bei der Ansiedlung zu bevorzugen.

Nicht für ausgeschlossen hält Stolzenburg als dritte Option aber auch ein „Weder – Noch“ mit der Erschließung anderer Gewerbeflächen. Drei Stunden hatten die Bürgerräte mit den Experten und Vertretern der Uni Wuppertal am Freitagabend im Rolf-Engelbrecht-Haus zunächst hinter verschlossenen Türen getagt, ehe in „Wuppertaler Geheimdemokratie“ und „manipulierter Bürgernähe“ (Stadtrat Michael Lehner, Weinheim Plus“) rund 120 Bürgern in einem „Parforceritt“ (Stadtrat Carsten Labudda, Die Linke) die Ergebnisse in einem 15-seitigen „Kurzgutachten“ vorgestellt wurden.

CDU-Stadträtin und Bürgerinitiative-Mitglied Susanne Tröscher ging noch einen Schritt weiter. Sie warnte davor, dass die von den Bürgerräten gefundene Fülle guter Argumente angesichts der Pattsituation zwischen Bürgerrat I und II verloren gehe und viele der genannten Punkte „wieder hinten runterfallen“. Tröschers Wunsch: „Eine weitere Infoveranstaltung vor der Gesamtbürgerschaft“.

Auch hierfür signalisierte OB Bernhard die Bereitschaft der Verwaltung. Diese werde ernsthaft mit den gemachten Vorschlägen umgehen und nicht auf ein bestimmtes Ergebnis zusteuern. Als klare Aussage nehme man die von den Bürgerräten vorgenommene „hohe Gewichtung des Themas Ökologie“ zur Kenntnis, so Bernhard. Am 24. August will die Forschungsstelle Bürgerbeteiligung die „Langform“ des Gutachtens vorlegen. Noch im September könnte der Gemeinderat über die weitere Vorgehensweise entscheiden. Nach einer sich anschließenden weiteren Bürgerveranstaltung sollte „die Thematik gegen Ende des Jahres abgeschlossen sein“, bezog der Oberbürgermeister Stellung und lobte ausdrücklich die „konstruktive Diskussionskultur“ der Bürgerräte.

Man habe sich um eine Versachlichung des Themas, um „kein Du gegen Wir“ und eine „Versöhnung zwischen den Fronten“ bemüht, machte Bürgerrat Julian Christ deutlich. „Kein Resultat in Form von Fußballergebnissen“ abzuliefern sei die Vorgabe für die Bürgerräte gewesen, assistierte der Projektleiter der Forschungsstelle, Prof. Hans Lietzmann.

Was die Mehrzahl der Anwesenden, die sich eine klare Aussage erhofft hatten, anders sah. Die Präsentation sei eine „Farce“ und von der Forschungsstelle „miserabel dargestellt“ worden, lautete überwiegend der Tenor. Man habe das Gefühl, „vom Tisch auf die Reitschul’ geschickt“ worden zu sein, verschafften viele ihrem Unmut Luft: „Hätten wir uns gescheiter zu Hause vor den Fernseher gehockt“.

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